Je weiter östlich man als Golfer in Europa abschlägt, desto exotischer wird es. Heißt: Wenige und größtenteils unbekannte Plätze. Viele weiße Flecken also auf der Golfer-Landkarte. Ein prima Beispiel dafür bietet die Gegend rund 200 Kilometer nordöstlich von Berlin in Polen im pommerschen Oderland mit dem PGC-Partnerklub Binowo sowie Modry Las. Keine Straßen weit und breit. Dafür jede Menge Teiche gesäumt von Birken und Trauerweiden. Natur pur ist angesagt im Golfpark Binowo – einem Genussplatz, der für jeden Freizeit-Golfer auch ohne Super-Handicap angenehm zu bewältigen ist. Vor 20 Jahren entstand er als einer der ältesten Plätze in Polen, ein natürlich belassener Genuss-Platz.
Binowo ist das Reich von Manager Slawomir Pinski. Der sportlich-schlanke Anfang-60iger ist Mitte der 1990er von der Leidenschaft für’s Golf gepackt worden. Der gelernte Schiffbau-Ingenieur brachte es als spätberufener Autodidakt zu Handicap 7 und 1997 zum polnischen Amateur-Champion. Er ist der Macher und verlängerte Arm der schwedischen Unternehmer-Familie Brax im Binowo Park. „Das Gelände ist natürlich belassen“, sagt Slawomir zum Charakter des Platzes, der auf den ersten Neun sehr hügelig daherkommt und mit vielen Panorama-Blicken glänzt. Die Back-Nine sind flach und mit einigen kniffligen Wasser-Hindernissen gespickt. Das schwierigste Loch ist die 5 – ein strammes, enges Par-5 mit 490 Meter Länge von Gelb (390/rot; 540/weiß). Mit einem Dogleg nach rechts und einem kniffligen Anspiel auf’s enge Grün. Das Schluss-Loch entpuppt sich als spektakuläres Inselgrün unterhalb der Clubhaus-Terrasse, das zweitschwerste Loch mit 378 Meter von Gelb (342 von rot/ 390 weiß). Als Golf-Normalo wird man erst mit dem dritten Schlag das Grün mit einem Lob anspielen. Das eröffnet die Chance sowohl auf ein lässiges Par als auch einen Fehl-Schlag ins Wasser. Das Publikum auf der Terrasse wird’s registrieren – zumeist mit einem polnischen Essens-Klassiker vor sich auf dem Tisch: Piedelni und Barszcz-das sind mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen zusammen mit würziger Rote-Beete-Suppe (für umgerechnet 7 Euro). Insgesamt bietet Polen und damit auch der Binowo Golf Park ein prima Preis-Leistungs-Verhältnis mit einem Greenfee von 40 Euro an Wochentagen und 50 Euro am Wochenende.
Modry Las – Gary-Player-Design ohne Loch-Infos
Einen Tick mehr für’s Greenfee muss man in Modry Las auf den Tisch legen: Umgerechnet 44 Euro, beziehungsweise 64 Euro am Wochenende. Dafür spielt man hier auf einer Champions-Wiese von riesigen 120 Hektar auf einem von Gary Player akkurat designten Meisterschaftsplatz nach PGA-Standard. Alle Löcher sind in eine künstliche Hügellandschaft eingebettet und lassen vor allem das Herz des ambitionierten Golfers höher schlagen. Zum puristischen Gary-Player-Design gehört, dass man vergebens Infotafeln an den Abschlägen sucht. Wer genauer wissen will, wohin er schlägt, der sollte nach Old-School-Art ein Birdiebook einstecken oder einen digitalen Info-Helfer aktivieren. Modry Las ist 2009 entstanden als das Herzensprojekt eines golfenden, polnischen Investmentbankers. Der Meisterschafts-Platz mit einer Länge von 6300 Meter von Weiß (gelb: 5800 Meter; rot: 4900) kommt definitiv Golfern mit mächtig Wumms beim Drive entgegen. Wegen der vielen Wasser-Hindernisse ist es keine schlechte Idee, ein paar Bälle mehr als sonst einzustecken.
Und wegen der insgesamt 72 (!) Bunker in Modry Las empfiehlt es sich außerdem, vorher auf der Range ein wenig Selbstvertrauen für Sandschläge aufzubauen. Ansonsten gilt als Tipp zum Relaxen vor kritischen Schlägen: Immer wieder die Natur einsaugen mit der idyllischen Seen- und Parklandschaft und einem beruhigenden Mix aus Birken, Kiefern und duftenden Wildblumen.
– Text und Fotos: Fritz Häring – Bild unten: Der Binowo-Manager Slawomir Pinski